The Bel Ami of Turkish Tango
"Mein Innenleben gleicht in keiner Weise meinem Berufsleben. So modern mein Berufsleben auch sein mag, im Inneren bin ich sehr konservativ. Das kommt vermutlich von meiner Erziehung." (Ibrahim Özgür)
In den späten zwanziger und dreißiger Jahren war Tango in der Türkei sehr populär. Für viele Komponisten und Sänger war dies die erste Begegnung mit 'westlicher' Musik. Er etablierte sich - unter Mitwirkung armenischer und jüdischer Musiker - sehr schnell. Istanbul war in dieser Zeit eine kosmopolitische Stadt mit vielen Ausländern und einem eleganten Publikum, das sich in zahlreichen Nachtclubs amüsierte.
Die ersten Tangos wurden von weiblichen Solisten vorgetragen. Der erste Mann, der das Publikum eroberte, war Ibrahim Özgür.
Er wurde 1910 in Istanbul geboren, sein Vater Mustafa spielte Horn im Staatsorchester. Mit 16 Jahren ging Ibrahim nach Ankara, um an der Militärakademie Klarinette und Saxophon zu studieren. Nach dem Studium arbeitete er wieder in Istanbuler Nachtclubs. Er gründete sein eigenes Orchester und wurde bekannt für seine aufregenden Arrangements.
1931 startete er das Abenteuer seines Lebens: Er ging für sieben Jahre auf Konzertreise nach Fernost. Die Tour begann in Beirut und führte ihn durch Indien, Java, Sumatra, Singapur und Ceylon. Über England kam Özgür zurück nach Istanbul, wo er seinen eigenen Club, "Ates Böcekleri", das "Glühwürmchen" eröffnete. Erste Plattenaufnahmen stammen aus dem Jahr 1938. Er schrieb viele Tangolieder mit einem Sinn für das Nostalgische: Seine Samtstimme prädestinierte ihn für romantische Tangos. Das berühmte "Mavi Kelebek" (Blauer Schmetterling) war der populärste Tango seiner Karriere und öffnete ihm die Herzen besonders des weiblichen Publikums.
"Viele meiner Tangos habe ich geschrieben, um mich zurecht als wahrer Adressat all der Liebesbriefe zu fühlen, die ich jemals erhalten habe."
Unglückliche Liebe, die Schmerzen der Trennung und der Sehnsucht - die emotionalen Säulen des wirklichen Tangos... Aus einer vergangenen, unerfüllten Liebe zu einer wahrhaften indischen Prinzessin bezog Özgür seine Inspiration und Tiefe. Er wünschte sich auch in späteren Jahren immer wieder zu ihr zurück:
"Ich bin nun 49 Jahre alt. Zwei Drittel meines Lebens sind vorüber. Als Musiker erlebe ich nun mein dreißigstes Jahr. Vor langer Zeit gab ich mit meinem Orchester in Südasien Konzerte. Ach, ich möchte ins Ausland gehen!" (Ibrahim Özgür am Tag vor seinem Tod)
In seinem Landhaus bei Istanbul, wo er sich Pferde, Hunde, Vögel und sogar einen Bären hielt, erlag er am Abend des 11. Februar 1959 einem Herzinfarkt.
Seine Stimme aber bleibt unsterblich.