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Der Tango trat seinen Siegeszug außerhalb Südamerikas in den späten zwanziger Jahren an. Für nahezu zwei Jahrzehnte war Tango die beliebteste Musik in Nachtclubs und Unterhaltungsrestaurants, auf Tanzböden und in Ballsälen, ein musikalisches Bindeglied der urbanen Gesellschaft des 20. Jahrhunderts. Er eroberte ganz Europa, den Nahen und sogar den Fernen Osten, und er war der erste Musikstil überhaupt, den man mit Fug und Recht als Weltmusik bezeichnen konnte, obwohl es diesen Begriff seinerzeit noch gar nicht gab.
Überall auf der Welt entstanden nationale bzw. regionale Tango-Szenen, die eines gemeinsam hatten: nach einer Phase des Interpretierens und Nachspielens argentinischer Tangos sang man in der jeweiligen Landesprache und komponierte schließlich auch Tangos - wobei das musikalische Idiom des Tango so perfekt adaptiet wurde, dass man der Musik ihre jeweilige Herkunft kaum mehr anhörte. Für viele Musiker etwa in Istanbul, Beirut, Kairo oder Algier war der Tango zwar die erste Begegnung mit "westlicher" Musik, doch sie eigneten sich diesen musikalischen Stil sehr schnell an. Nicht nur in West- und Mitteleuropa, sondern auch in den Metropolen des Balkan und des östlichen Mittelmeeraums bildeten sich blühende regionale Tangoszenen, die sich von argentinischen Importen emanzipierten und kompositorische Eigenständigkeit entwickelten.

Diesem Phänomen nachzuspüren ist das Ziel unserer Reihe OLD WORLD TANGOS.


Vol.1: Echoes from afar (2001), RIENCD20

 

Die erste CD der Reihe vereint einige der schösten dieser fast vergessenen Tangos. Aufgenommen wurden sie zwischen 1928 und 1952 in London, Paris, Bukarest, Athen, Istanbul oder Beirut, gesungen von dem Russen Pjotr Leschenko, den Rumänen Jean Moscopol und Titi Botez, der Griechin Sofia Vembo, der Türkin Seyyan Hanim und dem Türken Ibrahim Özgür, dem syrisch-ägyptischen Geschwisterpaar Farid & Asmahan und dem Algerier Lili Boniche - immer in der jeweiligen Muttersprache der Künstler.
Jenseits aller Exotik zeigt dies Zusammenstellung, wie eine musikalische Ausdrucksform, die in der urbanen Kultur Argentiniens verwurzelt war und ist, Musiker aus den unterschiedlichsten Kulturen inspiriert und beeinflußt hat.

Vol.2: Tango alla Romanesque (2001), RIENCD40

Die zweite CD der Reihe konzentriert sich auf die "romanischen" Länder Italien, Frankreich und Rumänien - mit einer griechischen Zugabe. Betörende Tangos, gesungen von u.a. Maria Tanase, Carlo Buti, dem großen Korsen Tino Rossi, Cristian Vasile und Dimitris Philippopoulos.
Einen besonderen Platz nimmt wieder RUMÄNIEN ein, das wir schon auf der ersten CD der Reihe als historisch-musikalische Entdeckung präsentieren konnten.

Vol.3: Polskie Tango 1929 - 1939 (2005), RIENCD55
Die dritte CD der Reihe ist ausschließlich einem Land gewidmet - eine Entscheidung, die uns leicht fiel, nachdem wir von Jerzy Placzkiewicz, einem Sammler und profunden Kenner, in die Welt des polnischen Tangos eingeführt wurden. POLSKIE TANGO ist weit mehr als eine Sammlung schöner Musik - sie legt Zeugnis ab von der polnischen Gesellschaft der Zwischenkriegszeit, einer Gesellschaft, der Stil, Eleganz und Romantik nicht fremd waren, und die sich begeistert dem perfekten Ausdruck dieses Lebensgefühls hingab: dem Tango. Der Hörer dieser CD taucht ein in ein Kapitel der polnischen Kulturgeschichte, das durch den 2. Weltkrieg und seine Folgen fast vollständig aus dem öffentlichen Bewußtsein gelöscht wurde - nicht zuletzt weil die Mehrheit der beteiligten Musiker und Komponisten jüdischer Herkunft waren.


Vol.4: Istanbul Tango 1927 - 1953 (2012), RIENCD80

Die vierte CD der Reihe widmet sich der Ära des türkischen Tango. Mit Hilfe der türkischen Experten Gökhan Akçura und Cemal Üňlü konnte diese Compilation zusammengestellt werden, die uns direkt ins alte Istanbul entführt. Aus den ersten Jahrzehnten der Türkischen Republik begegnen uns aus dem Ausland importierte und ins Türkische übersetzte sowie "original türkische" Tangos, die mit traditioneller türkischer Musik vermischt wurden.