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Die jiddische Kultur in Osteuropa ist heute kaum mehr ein Schatten ihrer Geschichte und ihres Erbes - aber sie ist nicht tot. Nach wie vor gibt es einige jüdische Gemeinden - wenn auch bei weitem nicht mehr so zahlreich wie vormals -, und jüdisches Leben existiert auch weiterhin, nicht zuletzt in der Erinnerung einer älteren Generation, die sich noch an eine Welt erinnert, in der man Jiddisch sprach. Der Name "Di Naye Kapelye" bedeutet nichts anderes als "Die neue Kapelle" auf jiddisch. Wir spielen alte jiddische Musik aus einer Zeit, die noch gar nicht so lange vergangen ist.

Die Klezmer-Musik, die die heute Kultur der modernen aschkenasischen Juden dokumentiert, ist Klezmer aus Amerika, und dort vor allem aus New York. Mithilfe alter Grammophonaufnahmen läßt sich nachvollziehen, wie sich die jüdischen Emigranten durch Veränderungen in Instrumentierung und Repertoire dem Leben in der Neuen Welt anpaßten. Die Traditionen dieser Folklore behaupteten sich eher in Osteuropa, wo die jüdische Musik blühte, solange Juden Hochzeiten feierten. Unsere Musik beruft sich auf die Spielweisen dieser osteuropäischen kapelyes, wie sie von der Familienkapelle der Bughici in Iasi, (Rumänien), der Markus-Familienkapelle in Ungarn, dem Lantos Orkestra im rumänischen Maramures und anderen jüdischen Dorfkapellen mit ihren ausgesprochen nicht-kommerziellen, lokal geprägten Spielweisen gepflegt wurden. Oftmals musizierten die jüdischen Musiker gemeinsam mit den Roma (Zigeunern) aus der Umgebung, und heute sind die Zigeuner in Ungarn und Rumänien fast die einzigen, die noch ein lebendiges Zeugnis dieser jüdischen Musik ablegen. Einige von ihnen, wie die Geiger Samu "Cilika" Boróss und Ferenc Árus aus Siebenbürgen, spielten bei jüdischen Hochzeitsfeiern auf, wenn keine jüdische Kapelle zur Verfügung stand. Andere, wie András Horváth aus Tiszakoród in Ungarn, oder Gheorghe und Vassile Covaci im rumänischen Maramures, arbeiteten vor dem Krieg in jüdischen Orchestern und lernten dort die musikalischen Feinheiten der jeweiligen chassidischen "Häuser" (hoyfn) kennen.
Auch wir, Die Naye Kapelye, haben Ungarn aufgrund seiner Lage in der Mitte der Welt zu unserer Heimat erkoren. Wir fanden durch eine Reihe erstaunlicher Umständezusammen, und nicht wenige davon sind mit Pálinka, dem ungarischen Zwetschgenschnaps durchtränkt. Auf Géza Pénzes und seine traditionelle ungarische Folkloregruppe Újstílus traf ich 1983 bei ihrer ersten Tournee durch die Vereinigten Staaten. 1988 siedelte ich von New York City nach Budapest um, um dort - zusammen mit János Bártha - bei Ferenc Tobak in Veszprém, dem Heimatort meiner Mutter, Unterricht in ungarischem Dudelsack zu nehmen. Christina Crowder kommt aus Portland in Oregon, wo sie dem Akkordion ihrer finnischen Großmutter verfiel; in der letzten Zeit hielt sie sich viel in Budapest auf, wo sie der Sucht nach schwindelerregenden siebenbürgischen Paartänzen verfiel. Yankl Falk, seines Zeichens Kantor und Klezmer-Klarinettist, hatte in Portland gleich um die Ecke von Christina gewohnt, erfuhr aber erst davon, nachdem er in Budapest auftauchte, um dort die ungarische Kunst des heimischen Zwetschgenschnapsbrennens zu erlernen. Róbi Kerényi, der beste Spieler der moldavischen Flöte in ganz Ungarn und Gründer der Tatros Band, wohnt Tür an Tür mit einem der besten privaten Zwetschgenschnapsbrenner Ungarns. Auch ohne Pálinka hätte es wohl eine Naye Kapelye gegeben. Aber mit Sicherheit nicht diese hier.

Bob Cohen

Tracks:

1. DEM REBN TANTS 3:26
Hörbeispiel:
2. ANI MAMINI/WEDDING MARCH 4:35
3. HANGU AND FREYLACHS FROM PODOLOY 3:46
4. KOTSK/ DEM TRISKER REBNS NIGUN 6:13
5. SHLOIMKE'S RUSSIAN DANCE 2:25
Hörbeispiel:
6. NAFTULE'S DOINA 3:01
7. MOLDAV-O-RAMA 11:10
8. NOKH A GLEZELE VAYNE 3:13
9. ONO B'CHOACH - SLOW HORA/THE ODESSA BULGAR 6:23
10. JEWISH TUNES FROM SZATMAR 8:38
11. YISMEDHU/IN ADES/ARON'S HONGA 8:46
Hörbeispiel:
12. BOBOVER WEDDING MARCH 4:40

Gesamtspielzeit: 66:44

 

 

Traditionelle Melodien, arrangiert von Di Naye Kapelye

Di Naye Kapelye:
Bob Cohen (Gesang, Violine, Mandoline)
Christina Crowder (Akkordeon, Trommel)
Géza Pénzes (Kontrabass, Koboz)
Janos Bartha (Klarinette)
Jack "Yankl" Falk (Klarinetten, Gesang)
Gast:
Robert Kerenyi (Moldavische Flöten, Trommel)

Veröffentlichungsdatum: 10.09.98       Gesamtspielzeit: 66:44

20-seitiges Booklet in Englisch, Französisch und Deutsch